Erläuterung zur Abbildung:
Die beiden „Sprünge“ im KfZ-Bestand zwischen 1990 und 2005 sind so zu erklären: Der erste Sprung nach oben Anfang der 1990er ist natürlich der Wiedervereinigung geschuldet. Der zweite Knick nach unten 2001 beruht auf einer neuen Zählweise, bei der die zum Zeitpunkt der Erhebung zum jeweiligen Jahreswechsel (also im Winter) nicht angemeldeten KfZ nicht mehr zum Bestand dazugerechnet werden. Aber natürlich kannten in Wirklichkeit auch 2001 die KfZ-Bestandszahlen nur eine Richtung: die nach oben, wie in allen anderen Jahren seit 1955 auch. Leider habe ich nirgends eine Grafik gefunden, die diesen die realen Verhältnisse verzerrenden Knick nicht aufwies.
Zunächst ein paar Zahlen zum motorisierten Individualverkehr (MIV):
Zum 1.1.2019 waren in Deutschland
- 57,3 Mio. KfZ angemeldet,
- fast 900.000 mehr als ein Jahr zuvor (ein Zuwachs von 1,5%), davon waren
- 47,1 Mio. PkW,
- 4,4 Mio. Motorräder und
- 5,4 Mio. LkW und Zugmaschinen.
- Auf 1000 Einwohner kommen derzeit ziemlich genau 700 Kraftfahrzeuge.
(Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes)
Jeden einzelnen Tag vergrößert sich allein in Deutschland die Zahl der KfZ im Schnitt um etwa 2500, Jahr für Jahr kommen zu den Unmengen bereits vorhandener Fahrzeuge fast 1 Million neue hinzu. Diese Entwicklung hin zu immer mehr Autos, Motorrädern und LkW dauert schon viele Jahrzehnte an. Nach dem Krieg gab es wohl kein einziges Jahr, in dem die Zahl der KfZ zurückgegangen wäre (siehe Titelgrafik). Und niemand unternimmt etwas gegen diesen Wahnsinn.
Durch den mit aller Macht vorangetriebenen Schwenk hin zu Elektromotoren wird sich das Problem der Automassen vermutlich noch weiter verschlimmern, denn viele der – sicher meist wohlhabenden – Elektroautokäufer werden sich ihre neuen, angeblich umweltfreundlichen Mobile nicht anstatt, sondern zusätzlich zu ihrem schon vorhandenen Fahrzeugpark, als Zweit-, Dritt- oder Viertauto zulegen. Währenddessen wird es in den Städten immer enger und enger, weil die Kraftfahrzeuge 23 von 24 Stunden nur dumm in der Gegend herumstehen und den nichtmotorisierten Verkehrsteilnehmern den Platz wegnehmen. Von Lärm, Stress und giftigen Abgasen durch die fahrenden MIV-Vehikel ganz zu schweigen.
Selbst die KfZ-LenkerInnen selbst müssten ja für eine Begrenzung bzw. Verminderung der MIV-Massen sein, denn die Autos und LkW stehen sich ja ständig gegenseitig im Weg, was man nicht nur im Stau, sondern auch bei der Suche nach einem Parkplatz für sein überdimensioniertes Gefährt immer öfter schmerzlich merkt.
Aber obwohl das Problem mittlerweile ziemlich weit oben auf der politischen Tagesordnung rangiert und die Kritik an Auto und Co. immer lauter wird, tut sich real absolut garnichts; es wird so getan, als könne alles immer so weitergehen, jedes Jahr eine weitere Mio. Blechkisten mehr, es muss ja, Wachstum ist die einzige Option, einen Plan B gibt es nicht.
Man kann sich bis jetzt keine Bundes- oder Landesregierung vorstellen, die wirklich das Ziel ausgibt, die Zahl der MIV-Vehikel zu senken. Man stelle sich vor: „Die Zahl der zugelassenen PkW ist 2024 um weitere 300.000 zurückgegangen. Verkehrs- und Umweltministerium werteten die neuesten Zahlen des Kraftfahrtbundesamtes als Erfolg ihrer seit 3 Jahren verfolgten neuen verkehrspolitischen Agenda.“ Nein, eine solche Anti-Auto-Politik scheint undenkbar. Und dass sie noch nicht einmal vorstellbar (geschweige denn realisierbar) ist, zeigt, wie tief wir beim Thema Verkehr in der Scheiße stecken.
© Matthias Wehrstedt 2019