Gewalt

Le paradis terrestre est où je suis.
Voltaire

Ich habe in diesem Blog schon öfter Kritik am heute vorherrschenden naturwissenschaftlichen Positivismus als vereinseitigter und verabsolutierter Ideologie der modernen Welt geübt. Heute möchte ich aber einmal ausdrücklich einen bekennenden Positivisten reiner Schule loben, genauer gesagt eines seiner Bücher, nämlich Steven Pinker und sein umfangreiches Werk „Gewalt – Eine neue Geschichte der Menschheit“ von 2011, dass ich in Frühjahr des Jahres gelesen habe. Es war eines jener Bücher, bei denen man schon während des Durcharbeitens den Eindruck hat, dass sein Inhalt den eigenen Blick auf die Welt grundlegend verändert.Weiterlesen »

Der große Weihnachtsschwindel (4)

Der angebliche Kindermord von Bethlehem

Herodes der Große ließ laut der Matthäus-Version der Geburtsgeschichte Jesu aufgrund der Prophezeiung der östlichen Sterndeuter sicherheitshalber sämtliche männlichen Kinder bis zum Alter von zwei Jahren in Bethlehem und Umgebung töten (Matth. 2, 16). Das ist aus vielerlei Gründen mehr als unwahrscheinlich.

Zunächst sei auf die Ausführungen in Teil 2 zum Stern von Bethlehem und und den „Heiligen 3 Königen“ verwiesen; darüber hinaus hätte Herodes eine solche abwegige Prophezeiung wie die der „Weisen aus dem Morgenland“, also beliebiger ausländischer Sterndeuter, sicher nicht ernst genommen. Er hätte vermutlich dafür gesorgt, dass niemand von dem Gerede der Astrologen erfährt und sie dann unauffällig umbringen lassen.Weiterlesen »

Der große Weihnachtsschwindel (3)

Die quirinische Steuerschätzung

Die allseits bekannte Weihnachtsgeschichte des Lukas beginnt mit den Sätzen:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. (Lukas, 2, 1-5)

Es gab in der Tat einen Zensus zum Zwecke einer Abschätzung des zu erwartenden Steueraufkommens in der neu dem Römischen Reich einverleibten Provinz Syrien (einschließlich der jüdischen Stammlande), und zwar im Jahre 6 n. Chr. unter dem neuen römischen Verwalter von Syrien, Publius Sulpicius Quirinius. Der Geschichtsschreiber Flavius Josephus berichtet ausführlich darüber.Weiterlesen »

Der große Weihnachtsschwindel (2)

Der Stern von Bethlehem

(Matth. 2, 1 – 11) Dass in der Erzählung bei Matthäus kosmische Zeichen die Geburt des wichtigsten Menschen aller Zeiten begleiten, scheint nur konsequent. Warum allerdings den Stern nur Sterndeuter aus dem Osten – vermutlich also aus dem Reich der Parther – und nicht auch Menschen in Palästina bemerkt haben, verrät uns der Schreiber des Matthäus-Evangeliums nicht. Zeitgenössische außerbiblische Quellen jedenfalls wissen genausowenig von irgendwelchen besonderen Ereignissen am Himmel um das Jahr 0 herum, die sich als der Stern der Weihnachtsgeschichte interpretieren ließen, wie Matthäus’ Autorenkollege Lukas mit seiner umfangreichen, aber eben völlig anderen Geburtsgeschichte Jesu.Weiterlesen »

Der große Weihnachtsschwindel (1)

Die Adventszeit ist einmal mehr gekommen. Mit ihr wird in ganz großem Stil auf das Weihnachtsfest hingeleitet, an dem die Geburt des jüdischen Endzeitpredigers Jeschuah von Nazaret vor gut 2000 Jahren gefeiert wird, von dem die Christen glauben, dass er trotz Hinrichtung durch die römischen Besatzer Judäas in einem sogenannten „Himmel“ weiterlebt und irgendwann zurückkommt, um uns alle vor Gericht zu stellen und jene, die nicht an ihn geglaubt haben, den ewigen Qualen einer „Hölle“ zu überantworten. Jedenfalls glauben das „richtige“ Christen, denn so steht es in ihrem heiligen Buch.

Nichtsdestotrotz verfallen die meisten Menschen bei uns in dieser Zeit in eine anheimelnde Gestimmtheit und werden irgendwie „besinnlich“. Es werden zahllose Kerzen angezündet, Weihnachtsmärkte verunzieren die Innenstädte und Elektrosterne die Fenster, alle kuscheln sich aneinander, überall riecht es nach Nelken und Zimt, Glühwein benebelt den Verstand und an Heiligabend wird sogar in vielen nicht christlichen Familien die Weihnachtsgeschichte des Lukas verlesen – weil’s halt irgendwie so schön heimelig-behaglich ist. Ich mag diesen lauwarmen Weihnachtsschmus nicht und möchte mit einer Brise kritisch-kaltem Wind den Gefühlsmief des Advents ein wenig auslüften. Zu diesem Zweck sollen die biblischen Berichte rund um die Geburt des Menschheitserlösers einer skeptischen Prüfung unterzogen werden. An jedem Adventssonntag erscheint eine Folge.

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Im Paradiesgarten der Venus

Kommen die wärmeren Tage, so hören die Uferbewohner
nachts das Flußeis mit einem schrecklichen Knall
kanonenschußgleich aufbrechen, als seien die eisigen
Fesseln des Flusses von einem Ende zum anderen zerrissen.
H. D. Thoreau, Walden

Frühlingsanfang! Der lange Winter ist (kalendarisch) vorbei, aufs Neue beginnt (bald!) wie seit Millionen von Jahren in den kühl-gemäßigten Zonen der nördlichen Hemisphäre eine neue Vegetationsperiode. Jedes Jahr das Gleiche und doch auch jedesmal wieder mit einer ganz neuen und ganz eigenen Erleichterung und Vorfreude verbunden. Zu allen Zeiten war das Frühjahr auch eine Zeit besonders gehobenen Empfindens, gerade auch auf religiösem Gebiet.Weiterlesen »