Herrin, Mann und Männlein

Herr, Frau und Fräulein sind die klassischen Anreden für erwachsene Personen im deutschsprachigen Raum, auch wenn natürlich Fräulein seit geraumer Zeit und natürlich zu Recht weitgehend verpönt ist – wobei ein Fortbestehen des Begriffs im konservativen Untergrund sicher nicht bezweifelt werden kann. Nun fiel mir aber beim darüber nachdenken zusätzlich auf, dass beim weiblichen Menschen die reine Bezeichnung und die Anrede gleich sind (Frau), der Mann aber, wenn angeredet, zum Herrn wird. Zusätzlich zur Abwertung der unverheirateten Frau mit dem Diminutiv Fräulein gibt es also auch eine Abstufung in der Würde der Anrede eines Mannes als Herr und einer (verheirateten) Frau, der eine solche Aufwertung nicht zuteil wird, als eben nur: Frau.

Wenn man sich eine Gesellschaft vorstellt, in der die Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern genau umgekehrt im Vergleich zu der unseren wären, so würden dort alle Frauen, ob verheiratet oder nicht, als Herrin angesprochen, alle verheirateten Männer schlicht als Mann, und die unverheirateten als Männlein. Herrin Krause wäre dort also mit Mann Krause (geb. Fröhlich) verheiratet und ihr ältester Sohn, Männlein Krause hätte gerade sein Medizinstudium begonnen (wobei sich in unserer inversen Welt die meisten Menschen seit einiger Zeit angewöhnt hätten, statt Männlein auch beim ledigen Studenten Mann zu sagen).

Erst durch die Umkehrung merkt man wirklich, wieviel zu Sprache geronnenes gesellschaftliches Kräfte- und Herrschaftsverhältnis in so simplen kleinen Worten wie Herr und Frau (in Fräulein natürlich sowieso) letztlich steckt.

Just saying…

© Matthias Wehrstedt 2019

Es gibt etwas

Ich weiß nicht, wie viele der geschätzten LeserInnen sich schon einmal über die eigentümliche deutsche Wendung „Es gibt etwas“ gewundert haben. Vermutlich nicht so viele. Ich finde sie jedenfalls sehr merkwürdig, nicht zuletzt im wörtlichen Sinne von ‚würdig, sie sich zu merken’.

Was, wieso, was soll denn da merkwürdig sein?, höre ich jetzt viele ausrufen. Die Formulierung ist uns so geläufig, dass uns ihre Eigenartigkeit kaum auffällt: Was für ein „Es“ ist das denn, dass uns da etwas „gibt“, in dem Sinne, das dieses Etwas dadurch Existenz, Dasein, Realität, Wirklichkeit für sich beanspruchen kann?

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